Analyse thermoelektrischer Materialien – die Gütezahl und ihre Messung

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Was sind thermoelektrische Materialien?

Thermoelektrische Materialien können Wärme direkt in elektrische Energie umwandeln. Diese Eigenschaft beruht auf dem Seebeck-Effekt, bei dem eine an einem Material anliegende Temperaturdifferenz, eine Spannung erzeugt. Die Umkehrung ist der Peltier-Effekt, der meist zum Kühlen eingesetzt wird. Ein dritter thermoelektrischer Effekt ist der Thomson-Effekt, der den Wärmetransport entlang eines stromdurchflossenen Leiters, in welchem ein Temperaturgradient vorliegt, beschreibt.

Aufgrund der Möglichkeit direkt Wärmeenergie nutzen zu können, sind thermoelektrische Materialien in den Fokus von Forschung und Entwicklung gerückt. Zum einen können sie zur Gewinnung von elektrischer Energie aus Primär-Energiequellen genutzt werden, zum anderen ist es verlockend, aus Abwärme Strom zu erzeugen, somit Ressourcen an fossilen Energieträgern zu schonen und gleichzeitig die Freisetzung von CO2 zu senken.

Da die durch den Seebeck-Effekt induzierte elektrische Spannung sehr klein ist (meist einige bis wenige hundert μV/K), werden große Anstrengungen unternommen, verbesserte thermoelektrische Materialien zu entwickeln.

Klassische thermoelektrische Materialien stammen aus der Gruppe der Halbmetalle und Halbleiter (IV bis VI Hauptgruppe des PSE) bzw. sind Legierungen aus Materialen dieser Gruppen, da der Seebeck-Koeffizient dort besonders groß ist. Durch Dotieren lässt sich der Seebeck-Effekt weiter vergrößern.

Was ist die Gütezahl?

Ganz allgemein ist eine Gütezahl ein Maß für die Eignung von Materialien, Methoden oder Geräten im Vergleich zu Alternativen.

Die thermoelektrische Gütezahl ZT (engl. „figure of merit“) beschreibt die Eignung thermoelektrischer Materialien und ist folgendermaßen definiert:

Gleichung 1

mit S: Seebeck-Koeffizient [μV/K] σ: elektrische Leitfähigkeit [S/m] λ: Wärmeleitfähigkeit [W/(m·K)] bei einer Temperatur T. Alle diese Größen sind temperaturabhängig.

Thermoelektrische Materialien sollten neben einem möglichst großen Seebeck-Koeffizienten eine geringe Wärmeleitfähigkeit und eine hohe elektrische Leitfähigkeit haben. Materialien hoher Wärmeleitfähigkeit lassen keine großen Temperaturgradienten zu; ist die elektrische Leitfähigkeit gering, können keine nutzbaren Ströme erhalten werden.

Außerdem stehen Gütezahl und Temperaturdifferenz in direktem Zusammenhang mit dem Wirkungsgrad η einer thermoelektrischen Baueinheit, so dass dieser zunimmt, wenn ZT und ΔT große Werte haben

Gleichung 2

Optimierung thermoelektrischer Materialien

Unterschiedlichste Materialklassen weisen thermoelektrische Effekte verschiedener Stärke auf. Galt lange Zeit ein Wert von 1 als maximale Gütezahl, erreichen heute einige optimierte Materialien Werte um 2 oder höher.

Wie aus Gleichung 1 ersichtlich, gibt es zwei unterschiedliche Ansätze, um ZT zu erhöhen: entweder kann der sogenannte Leistungsfaktor S2σ maximiert und/oder die Wärmeleitfähigkeit minimiert werden. Um dies zu erreichen, werden zum einen bereits vorhandene Materialien z. B. durch Dotieren verbessert, zum anderen neue Werkstoffe entwickelt. Letzteres kann zum Beispiel durch Nanostrukturierung erfolgen, da dadurch die Wärmeleitfähigkeit stark herabgesetzt wird, ohne den Leistungsfaktor stark zu beeinflussen. Werden Thermoelektrika in der Industrie eingesetzt, sind Kosten, Toxizität und Verfügbarkeit der Werkstoffe von Bedeutung.

Messung der Gütezahl

Zur Bestimmung der thermoelektrischen Gütezahl stehen verschiedene Methoden zur Verfügung.
  1. Zum einen können die einzelnen Parameter (Seebeck-Koeffizient, elektrische und Wärme-Leitfähigkeit) gemessen und ZT nach Gleichung 1 berechnet werden.
  2. Zum anderen besteht die Möglichkeit ZT direkt mittels der sogenannten Harman-Methode zu bestimmen.

1. Berechnung nach Gleichung 1

Es sind diverse kommerzielle Geräte zur quasi-simultanen Messung der elektrischen Leitfähigkeit und des Seebeck-Koeffizienten erhältlich. Die Wärme- bzw. Temperaturleitfähigkeit wird meist über die Laser- bzw. Light-Flash-Methode bestimmt. Das unmittelbare Ergebnis dieser Methode ist die Temperaturleitfähigkeit. Bei Kenntnis der Dichte und der spezifischen Wärmekapizität.

Kann daraus mittels folgender Formel die Wärmeleitfähigkeit errechnet werden:

mit: λ: Wärmeleitfähigkeit [W/(m·K)] a: Temperaturleitfähigkeit [m²/s] r: Dichte [g/m3] Cp: spezifische Wärmekapazität [J/(g/K)]

Alle diese Größen sind temperaturabhängig.

Somit müssen insgesamt fünf Größen (temperaturabhängig) bestimmt werden, um die Gütezahl berechnen zu können. Eine Fehlerbetrachtung dazu findet sich in der Literatur [1].

2. Bestimmung mit der Harman Methode

Die sogenannte Harman-Methode erlaubt die direkte Messung der Gütezahl. Dazu wird unter adiabatischen Bedingungen ein kleiner Strom durch eine stäbchenförmige Probe geleitet. Der beobachtete Spannungsabfall setzt sich aus einem Ohm’schen (UR; elektrischer Widerstand) und einem durch den Seebeck-Effekt verursachten, thermoelektrischen Anteil zusammen (Uth; Thermospannung). Im Gegensatz zum Ohm’schen Anteil, der spontan auftritt, baut sich der durch den Seebeck-Effekt bedingte erst langsam auf:
Messung von ZT mit der Harman Methode
Die Gütezahl wird durch Division der beiden Anteile erhalten:

Gleichung 4

mit: Uth: thermoelektrischer (Seebeck-) Anteil des Spannungsabfalls UR: Ohm’scher (resistiver) Anteil des Spannungsabfalls

Literatur:

[1] A. Alleno et al., A round robin test of the uncertainty on the measurement.of the thermoelectric dimensionless figure of merit of Co0.97Ni0.03Sb3, REVIEW OF SCIENTIFIC INSTRUMENTS 86, 011301 (2015).

[2] T.C. Harman, Journal of Applied Physics 29, 1373 (1958).

[3] T. C. Harman, J. H. Cahn, and M. J. Logan, J. Appl. Phys. 30(9), 1351 (1959).

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