Wie funktioniert ein Schubstangendilatometer?

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Ein Dilatometer ist ein Messgerät zur Erfassung der Wärmeausdehnung einer Materialprobe. Aus den Messergebnissen wird der thermische Ausdehnungskoeffizient (CTE = Coefficient of Thermal Expansion) berechnet. Diese Stoffgröße gibt in der Maßeinheit [1/K] die relative Änderung der Länge der Probe bei einer Temperaturänderung pro Kelvin an.
Die Werte des CTE sind damit temperaturabhängig und liegen für feste Stoffe im Bereich von einigen Millionsteln pro Kelvin. Entsprechend gering sind die zu erwartenden absoluten Längenänderungen der Proben. Für verlässliche Ergebnisse ist daher eine sehr genaue Messvorrichtung erforderlich.

Bauarten von Dilatometern

Die Beschaffenheit der Probe und der zu untersuchende Temperaturbereich bestimmen die Anforderungen, die ein Probenhalter erfüllen muss. Für feste Stoffe, die ihren Aggregatzustand im vorgesehenen Temperaturbereich beibehalten, ist ein Schubstangendilatometer (Englisch: pushrod dilatometer) sehr gut geeignet.

Das Verhalten von Stoffen, die bis zum Erweichungspunkt oder Schmelzpunkt erwärmt werden, lassen sich optisch mit Hilfe eines Erhitzungsmikroskops ermitteln. Eine weitere Versuchsanordnung beruht auf dem Einsatz von Dehnungsmesstreifen, die vollflächig auf die Probe geklebt und über eine Widerstandmessbrücke ausgewertet werden.

Funktion des Schubstangendilatometers

Schubstangendilatometer bestehen aus einem Ofen (rechts im Bild), der Probenaufnahme (mittig im Bild) und der Einheit zur Messwerterfassung und -auswertung (LVDT Sensor links im Bild).

In einem Rohr aus Quarzglas oder Keramik befindet sich die Probe (rote Probe im Bild). Sie ist fest mit einem Stab (dünner gelber Stempel, vor der roten Probe) verbunden, der die Längenänderung der Probe zur Messwerterfassung überträgt.

Dort wird die absolute Längenänderung des gesamten Systems ermittelt und mit Hilfe der bekannten Daten des Messsystems und der Probenabmessungen auf die CTE-Werte der Materialprobe umgerechnet. Über den Ofen lassen sich beliebige Temperaturverläufe mit unterschiedlichen Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten sowie Haltepunkten realisieren.

Als Ergebnis steht die Längenänderung der Probe in Abhängigkeit von der Temperatur fest. 

Aufbau eines Schubstangendilatometers von oben

Einsatzgebiete für Schubstangendilatometer

Die wichtigsten Einsatzgebiete der Dilatometer sind die Grundlagenforschung in der Materialwissenschaft und die Qualitätssicherung. Erfasst werden vor allem der thermische Ausdehnungskoeffizient, Temperaturen von Phasenübergängen und Sintertemperaturen.

Thermischer Ausdehnungskoeffizient

Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist eine wichtige Kenngröße für die Entwicklung von Verbundwerkstoffen. Stahlbeton kann zum Beispiel nur deshalb im Bauwesen verwendet werden, weil Stahl und Beton den gleichen CTE-Wert haben.

Temperaturunterschiede in Werkstoffen führen zu mechanischen Spannungen. Bereiche mit hoher Temperatur dehnen sich stärker aus als kühlere Stellen.

Die Vermeidung oder Verringerung dieser Spannungen kann durch die Entwicklung und den Einsatz von Werkstoffen mit sehr geringem Ausdehnungskoeffizient erreicht werden.

Beim Bau von Brücken ist der Thermische Ausdehnungskoeffizient ein wichtiger Sicherheitsfaktor, damit die Brücke bei verschiedenen Temepraturen nicht einstürzt.

Phasenübergänge

Die makroskopischen Eigenschaften von kristallinen Festkörpern hängen direkt von der Kristallstruktur selbst ab.

Die meisten Materialien können jedoch in mehreren Modifikationen vorliegen und haben daher, neben Schmelz- und Verdampfungstemperatur, auch Druck- und Temperatur-abhängige Phasenübergänge, bei denen sich der Aggregatszustand nicht ändert.

Phasenumwandlungen z.B. in einem Quarzglas können durch eine Dilatometermessung sichtbar gemacht werden

Der Phasenübergang von einer Kristallstruktur zu einer anderen ist, genau wie der Kristallisationsvorgang selbst, jedoch oft an der Änderung des Anstiegs der Ausdehnungskoeffizient-Temperatur-Kurve deutlich sichtbar und kann somit durch eine Dilatometer-Messung sehr gut abgebildet werden.
Auch schnelle Phasenübergänge oder solche, die einen definierten Anpressdruck erfordern, wie zum Beispiel die Umwandlung von Martensit, Ferrit oder Austenit in Stählen, lassen sich mit dem entsprechend modifizierten Dilatometer gut abbilden.

Sintertemperaturen

Beim Sintern werden pulverförmige keramische oder metallische Stoffe zu einem Grünkörper vorgeformt und anschließend bei präzise eingestellten Temperaturen und Drücken zusammengebacken. In der Praxis ist dieser Prozess beispielsweise in der Porzellanindustrie bekannt. Das pulverförmige Gemisch aus Kaolin (Porzellanerde, Porzellanton), Feldspat und Quarz wird beim Brennprozesses gesintert und somit wasserdicht gemacht.

Die Ermittlung der optimalen Temperaturen für einzelne Sinterstufen kann anhand der vom Dilatometer gelieferten Kurve erfolgen.

Die Tassen sind in der Produktion 20 % größer und schrumpfen beim Brennen im Ofen. Diesen Vorgang kann man mit einem Dilatometer nachvollziehen.

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